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Die 1,5-Millionen-Euro-Frage – oder wie man ein Finanzprodukt bewertet


Interview mit Martin Siebert zu den Schüler:innen-Workshops

Martin Siebert ist Versicherungsfachwirt, Finanzberater und Business Coach und unterstützt WEICHENSTELLUNG für Ausbildung und Beruf in Hamburg als Experte in den Schüler:innen-Workshops. Das Ziel dieser Workshops ist es, den Mentees praktische Fähigkeiten für den Alltag und ihren weiteren beruflichen Weg nach der Schule zu vermitteln.

Herr Siebert, Sie geben bei WEICHENSTELLUNG für Ausbildung und Beruf Workshops zum Thema Versicherung und Finanzen. Was ist das Ziel dieser Workshops?

Mir ist es vor allem wichtig, den Mentees eine Orientierungshilfe zu geben. Mit dem Eintritt ins Berufsleben stehen sie vor vielen neuen Herausforderungen. Eine besonders große ist für viele mit Sicherheit die finanzielle Unabhängigkeit und die damit einhergehende Eigenverantwortung, z. B. auch für Versicherungen und die eigene finanzielle Vorsorge. Sie müssen also entscheiden, welche Versicherungen sie abschließen, wie sie ihre Finanzen strukturieren und wo und wie sie auch Geld zur Seite legen. Hier möchte ich eine Basis schaffen, ihnen ein wenig Handwerkszeug und Wissen mitgeben, das es ihnen erleichtern, diese Themen zu bewerten, einzuordnen und eine Entscheidung zu treffen.

Wie genau schaffen Sie das, wie sieht das Handwerkszeug aus?

Als Grundlage für den Workshop nutze ich die so genannte DIN 77 230 – eine unabhängige Norm, also ein Standard, für Finanzdienstleistungen rund um die Themen Absicherung, Vorsorge und Vermögensplanung. Diese Norm beschreibt ein Verfahren, nach dem der finanzielle Status und Bedarf eines Haushalts oder einer Person erfasst, analysiert und bewertet werden sollte. Anders gesagt: Wenn sich jemand eine Beratung wünscht, zum Beispiel zur Frage welche Versicherungen er oder sie benötigt, bietet diese Norm einen Leitfaden – welche Risiken hat die Person, welche finanziellen Mittel und auch finanziellen Ziele?

In dem Workshop schaffen wir natürlich nur einen Einblick. Aber ich möchte gern die Basis legen, die es den Mentees später ermöglicht zu entscheiden: Was muss ich haben, was ist unverzichtbar? Was sollte ich haben, was wäre also wirklich empfehlenswert aber nicht zwingend notwendig? Und was kann ich haben, was ist also wünschenswert aber eher optional?

Wie läuft so ein Workshop ab, wie gehen Sie vor und wie motivieren Sie die Mentees zum Mitmachen?

Ich starte immer mit der 1,5-Millionen-Euro-Frage: Denn 1,5 Millionen ist das durchschnittliche Einkommen, was jeder von uns in seinem Berufsleben verdient. Warum sind wir dann aber nicht alle Millionäre? Damit habe ich erst einmal die ungeteilte Aufmerksamkeit. Im weiteren Verlauf erarbeiten wir uns dann die Antwort – dass man für bestimmte Dinge Geld ausgeben muss, für andere welches ausgeben sollte und für manche ausgeben kann.

Zudem besprechen wir übergeordnete Aspekte zu Versicherungen und Vorsorgeoptionen und diskutieren auch die Frage, welche Akteure (z. B. Versicherungsmakler, Versicherungsmittler und Honorarberatungen) es in diesem Bereich gibt.
Im Zentrum steht das Ziel, die Teilnehmenden zu sensibilisieren: Wo finde ich unabhängige Informationen? Und wie bewerte ich diese, welche Rolle spielt der Absender, wer profitiert? So können wir die Mentees stärken, sie auf eine gewisse Art und Weise mündiger machen.

Zum Abschluss: Was sind Ihre wichtigsten Tipps als Finanzberater für junge Menschen, die an der Schwelle ins Berufsleben und damit häufig auch in die finanzielle Selbstständigkeit stehen?

Erstens: Die Einnahmen sollten größer sein als die Ausgaben. Klingt banal, ist aber nicht selbstverständlich. Denn dafür muss ich erst einmal wissen, was ich eigentlich alles ausgebe und wofür. Hier hilft das gute, alte Haushaltsbuch – was sich inzwischen natürlich durchaus auch in virtueller und digitaler Form führen lässt.
Zweitens: Schulden meiden. Ratenzahlungen & Co verlocken oft zum Kauf, aber Vorsparen ist immer besser als Abbezahlen.
Drittens: Auch eine alte Faustregel, die aber nicht an Aktualität und Relevanz verliert: Immer etwas beiseitelegen, am besten 10 % der Einnahmen. So bin ich gewappnet, falls mal eine dringende, unerwartete oder höhere Ausgabe ansteht.

Herr Siebert, vielen Dank für das Gespräch.

 


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